- Originaltitel: Life of Pi
- Regie: Ang Lee
- Schauspieler: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Rafe Spall
- Genre: Abenteuer, Drama
- Land: USA u.a.
Ang Lee ist ein Regisseur mit vielen Gesichtern. Das hat er im Laufe seiner Karriere bereits mehrfach bewiesen. Und er ist ein Regisseur, der es geschafft hat, seinen Fußabdruck unauslöschlich in der Filmwelt zu hinterlassen. Sei es sein Wuxia-Epos „Tiger and Dragon„, sein Liebesdrama „Brokeback Mountain“ oder eben auch das hier im Fokus stehende Drama, rund um einen schiffbrüchigen Jungen, der sich sein Floss mit einem wilden Tiger teilen muss, während er verzweifelt versucht zu überleben – all diese Filme sind ganz großes Kino, weshalb es auch nicht verwundert, dass zwei davon bereits in unserer Filmothek verewigt wurden (die jeweiligen Beiträge habe ich euch mal mit den Filmtiteln verlinkt 😉 ).
Aber kommen wir wieder zum Thema: Life of Pi. Dieser ist, wie viele von euch wahrscheinlich wissen, eine Buchverfilmung und galt lange Zeit als unverfilmbar. Ja, ich weiß, das wird über viele Bücher gesagt, aber wenn man sich die Ausgangslage mal wirklich vor Augen führt, wird einem schnell klar, wieso das Buch lange Zeit dieses Prädikat hatte. Quasi der gesamte Film spielt auf dem offenen Meer, was zwangsläufig auf schwere Stürme und andere Unwägbarkeiten hinausläuft, nicht zu vergessen, dass einer der Hauptcharaktere ein lebendiger Tiger ist. Wollte man das alles real umsetzen, wäre die Produktionshölle vorprogrammiert und der Hauptdarsteller wohl ziemlich schnell Tigerfutter.
Doch zum Glück kam der Tag, an dem die Technologie endlich so weit war – und Ang Lee ergriff die Chance. Suraj Sharma wurde also in ein extra angefertigtes Boot gesetzt, dieses dann in einen riesigen Tank in einem Studio, hinter welchem ein Green-Screen stand, zu Wasser gelassen und der Rest ist tatsächlich alles pure CGI-Magie. Allen Gegnern computergenerierter Bilder kann ich allein schon aus diesem Grund die Sichtung nur empfehlen, denn vielleicht versöhnt euch der Film ein wenig mit dieser Technik, wenn ihr seht, was man damit alles erreichen kann. Und dabei spreche ich nicht nur von den unterschiedlichen Tieren, die teilweise geradezu verstörend echt ausschauen, sondern auch von der Umgebung. Wenn nach einem schweren Sturm die Sonne aufgeht und das gesamte Meer in goldenen Schimmer taucht, dann bleibt einem vor all der Schönheit beinahe das Herz stehen. Es sind solche Momente, die einem eindrücklich vor Augen führen, wieso sich Ang Lee auch mal einen „Hulk“ oder „Gemini Man“ leisten darf, ohne dass seine Fans auch nur eine Sekunde an seinem großen Talent zweifeln würden.
Damit einen diese ruhigen, kleinen Augenblicke dann aber auch emotional wirklich mitnehmen können, bedarf es nicht nur eines Könners hinter, sondern auch vor der Kamera. Hier muss man auf jeden Fall den Hut vor dem damals erst 19-jährigen Sharma ziehen, der mit dieser Rolle sein Schauspiel-Debüt gegeben hat. Bereits in diesem Kontext ist seine Leistung wirklich beachtenswert, wenn man sich dann aber vor Augen führt, dass der junge Mann die meiste Zeit mit Lebewesen und Dingen interagieren musste, die gar nicht da waren, ist das nochmal eine Klasse für sich.
Eine Geschichte, inszeniert wie ein phantastisches, modernes Märchen, welches einen auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnimmt, und erst in seinem letzten Kapitel zu einem finalen Schlag ausholt, der nochmal alles auf 180 dreht und mit zum berührendsten gehört, was es an Twists da draußen so gibt.