„Do I look like I give a damn?“ – Daniel Craig als James Bond

Seit nunmehr 14 Jahren arbeitet der britische Schauspieler Daniel Craig als Agent 007 im (Geheim)dienst ihrer Majestät. Wenn im April 2021 sein fünfter und (angeblich) letzter Einsatz in die Kinos kommt, werden es gar satte 15 Jahre sein. Damit ist er der am längsten aktive Schauspieler unter den bisherigen sechs Bonddarstellern. (Roger Moore diente zwar „nur“ 12 Jahre, war dafür aber in sieben Bond-Filmen zu sehen.) Craigs Bond-Ära war und ist geprägt von einigen Höhen aber auch mindestens genauso vielen Tiefen. In diesem Beitrag werfe ich einen Blick zurück auf die Dienstzeit des für mich besten Bonds aller Zeiten.

Der „neue“ Bond

Ja, Daniel Craig ist für mein Lieblings-Bonddarsteller. Während einigen seiner Vorgänger stets vorgeworfen wurde, lediglich eine schlechte Kopie des Original-Bonds, Sean Connery zu sein, verlieh Craig seiner Figur nicht nur eine ungeahnte körperliche Präsenz sondern auch ein neues charakterliches Profil. Nun könnte man natürlich kritisch anmerken, dass Craigs Bond nur noch wenig mit dem nonchalanten Lebemann der Connery- oder Moore-Version zu tun hat. Zu brutal, zu grob und vor allem viel zu amerikanisiert. Dagegen lässt sich zugegebenermaßen wenig sagen. Trotzdem sind es gerade diese Eigenschaften, die ich persönlich nach den zum Teil grauenhaften Brosnen-Filmen schätze und mag. Craigs Bond ist außerlich cool. Dennoch merkt man, dass in seinem Inneren mächtige Dämonen wüten. Er zweifelt an einingen Stellen an der Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit und in einem der wenige emotional offenen Momenten gibt zu, dass das Töten zwar Teil des Jobs ist, ihm aber jedes Mal einiges abverlangt. Craigs Bond lässt für mich hinter einer eiskalten Fassade Platz für den Menschen, der sich hinter der Dienstnummer 007 verbirgt und das macht die Figur für mich so interessant. Allerdings heißt das nicht, dass der beste Bond auch automatisch die besten Bond-Filme vorzuweisen hat. Ganz im Gegenteil, wie ein Blick in die bisherigen vier Beiträge zeigt.

Casino Royale (2006)

Der erste Film dient in erster Linie dazu, den neuen Bond einzuführen und zu etablieren. Einer der besten Eröffnungsszenen eines Bondfilms überhaupt folgt ein kurzer, in schwarz-weiß gefilmter Rückblick, wie James Bond zunächst seinen Doppel-Null-Status und die damit verbundene Lizenz zum Töten erhalten hat. Dabei wird sehr schnell deutlich, dass der Zuschauer es hier mit einem anderen Agenten zu tun hat, als dem Altbekannten aus den Vorgängerfilmen. Das Zitat in der Überschrift dieses Beitrags bezieht sich auf eine Szene aus „Casino Royale“, in der Bond einen Martini bestellt. Auf die Frage des Barkeepers, ob Bond sein Getränk geschüttelt oder gerührt bevorzuge, antwortete dieser barsch: „Sehe ich so aus, als würde mich das interessieren?“ Craigs Bond pfeift auf Markenzeichen und stilistische Merkmale der alten 007-Filme. Keine lässigen Zigaretten im Mundwinkel, keine lustigen Gadgets aus der Abteilung Q, keine amüsanten One-Liner und eben keine kultigen Vorlieben im Hinblick auf die Zubereitung des Lieblingsgetränks. In diesem Film ist James Bond ein geradezu arroganter Einzelgänger. Genau diese Arroganz ist es auch, die ihn im Laufe des Films in Schwierigkeiten bringt und letztlich gar scheitern lässt. Diese menschlichen Makel waren in den bisherigen Bond in der Form ebenfalls noch nicht zu sehen.

In einer Szene wurde Bond von Le Chiffre, dem erstaunlich realistisch gestalteten Bösewicht des Films, gefangen genommen und verschleppt. Le Chiffre fesselt Bond und setzt ihn nackt auf einen Stuhl ohne Sitzfläche, sodass die freibaumelnde 007-Genitalien mit einem schweren Seil, an dessen Ende ein dicker Knoten gebunden ist, bearbeitet werden können. Diese Szene erinnerte mich ein bisschen an eine andere Szene in „Goldfinger“ (1964), in der Sean Connery als 007 gefesselt auf dem Rücken liegt und sich einer Laser-Behandlung der etwas anderen Art ausgesetzt sieht. Im Gegensatz zu der Szene in „Casino Royale“ kam bei mir in der Laserszene aus „Goldfinger“ nur sehr bedingt Spannung auf. Als Zuschauer ist es vollkommen klar, dass James Bond nichts passieren wird. 007 ist zu gewitzt und findet aus jeder Situation einen Ausweg. Was dann natürlich auch exakt so kommt. In „Casino Royale“ ist das anders. Natürlich weiß man auch hier als Zuschauer, dass Daniel Craigs Figur in dieser Szene nicht sterben wird. Es wird jedoch klar, dass die nächsten Minuten für den Helden sehr unangenehm werden. Und tatsächlich ist diese Folterszene das Härteste (und damit meine ich nicht in erster Linie Daniel Craigs Gehänge), das ich bisher in einem Bondfilm gesehen habe.

Bis zu dieser Szene, in der die Spannungskurve für mein Empfinden ihren Höhepunkt erreicht, ist „Casino Royale“ meiner Meinung nach einer der besten Bond-Filme überhaupt. Doch dann geht der Film noch eine halbe Stunde weiter und die angesprochene Spannungskurve nimmt einen seltsamen Verlauf. Hier wird leider deutlich, dass man zu Beginn der Craig-Ära zwar wusste wie der neue Bond sein sollte. Einen übergeordneten Handlungsbogen, oder ein Ziel wohin sich die Figur im Laufe der Reihe entwickeln sollte, gab es jedoch nicht. Und so wirkt es als hätte man auf Teufel komm raus Bonds tragische Lovestory hier noch erzählen und zu Ende bringen müssen.

Ein Quantum Trost (2008)

Ein Merkmal aller Bondfilme ist, dass man jedes Abenteuer – egal wie spannend oder eben nicht es auch sein mag – für sich genommen schauen kann. Man muss nicht alle 19 Vorgängerfilme gesehen haben, um Bond 20 zu verstehen. Genau an diesem Punkt wären wir auch schon bei einem der zahlreichen Probleme von „Ein Quantum Trost“, dem zweiten Auftitt von Daniel Craig als 007. Natürlich kann man auch Marc Forsters Bond-Premiere schauen. Die Mission, einer Organisation von Öko-Terroristen das Handwerk zu legen, ist im Grunde nicht nur aktuell sondern auch spannend. Allerdings steht diese im Film ganz klar im Schatten eines innerpersönlichen Konflikts, den Bond in diesem Film mit sich selbst klären muss. Das wiederum erfasst man als Zuschauer wahrscheinlich nur, wenn man die Ereignisse auf „Casino Royale“ präsent hat. Grundsätzlich finde ich die Idee sehr gut, der Figur James Bond über mehrere Filme einen Entwicklungsbogen zu geben. Nur wirkt es hier unter dem Strich so, als hätte man Beginn an keine Ahnung gehabt, wohin das Ganze denn gehen soll. Und so erledigt 007 in einem unfassbar anstrengendem Schnittgewitter seine Mission quasi nebenbei, indem er einen unfassbar öden Bösewicht zur Strecke bringt. Am Ende schließt er zwar mit den Ereignissen aus „Casino Royale“ ab. Seine grundlegenden inneren Konflikte bleiben aber unangetastet. Daniel Craig macht in Anbetracht des mangelhaften Drehbuchs noch das Beste aus seiner Figur. Doch am Ende steht ein ziemlich schwacher Bond-Film.

Skyfall (2012)

Nach dem Nach dem ziemlich schwachen „Ein Quantum Trost“ nahm Oscarpreisträger Sam Mendes mit dem klaren Auftrag auf dem Regiestuhl platz, die 007-Reihe wieder zurück in die Spur zu führen. Tatsächlich ist „Skyfall“ im Vergleich zu seinem Vorgänger in fast jeder Hinsicht ein qualitativer Quantensprung. Die Actionszenen sind packend und gut inszeniert, der Bösewicht hat so etwas wie Profil und der Film funktioniert im Wesentlichen für sich alleine. Daniel Craigs 007 bleibt dem in „Casino Royale“ eingeführten neuen Bond treu und doch besinnt sich Mendes in seinem Film auf einige wesentliche Aspekte der klassischen Bondfilme. So taucht in „Skyfall“ erstmals seit „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) der Quartiermeister Q auf. Auch die MI6-Sekretärin Miss Moneypenny wird hier (wieder) eingeführt. Der neue Q ist jünger als Bond und ein Computergenie, was an einigen Stellen zu amüsanten Szenen führt, die ebenfalls typisch für alten Bondfilme sind, wenngleich in etwas abgewandelter Form. Zudem wurde für „Skyfall“ Sean Connerys Dienstwagen, der Aston Martin DB5, aus den Filmen „Goldfinger“ (1964) und „Feuerball“ (1965) aus dem Museum geholt. Diese nostalgischen Elemente bilden einen perfekten Kontrast zu Craigs modernen Bond im Kontext des aktuellen Zeitgeschehens. Bond, so wie die komplette Doppel-Null-Abteilung, wird als ein Relikt aus einer vergangenen Zeit dargestellt, das den Herausforderungen der Moderne nicht mehr gewachsen ist. Zudem gelingt es Mendes in seinem Film, die Psyche und Vergangenheit von James Bond zu beleuchten. So erhält Bond erstmals eine Hintergrundgeschichte, die seine Vergangenheit beleuchtet und ihm zu mehr macht als einen Gigolo und Lebemann. Das alles passt wunderbar zu dem neuen Bond, der in „Casino Royale“ einige Jahre zuvor eingeführt wurde und entspricht nebenbei auch von allen bisherigen Bonddarstellungen am ehesten der literarischen Figur aus den Fleming-Romanen. „Skyfall“ ist damit, nicht nur im Vergleich mit seinem Vorgänger, ein herausragender 007-Filme, vielleicht sogar der beste überhaupt.

Spectre (2015)

Sam Mendes hat sich selbst keinen Gefallen getan, nach Skyfall noch einen Bond-Film zu drehen. Vor allem nicht mit so einem Drehbuch. Als hätte man nichts aus den Fehlern gelernt, die rund um „Ein Quantum Trost“ gemacht wurden, versucht „Spectre“, die drei vorangegangenen Filme miteinander zu verbinden und Bonds Charakterentwicklung zu einem erlösenden Ende zu bringen. Das alles wirkt an einigen Stellen wenig durchdacht und konstruiert. Christoph Waltz‘ Schurke Blofield ist quasi verschenkt und eine vollkommen unauthentische und zurechtgebogene Liebesgeschichte gibt es auch. „Spectre“ dringt tiefer in die Vorgeschichte ein, die in „Skyfall“ begonnen wurde. Im Grunde beinhaltet „Spectre“ (im Gegensatz zu „Ein Quantum Trost“) alle Komponenten, um ein guter Bond-Film zu sein. Allerdings merkt man an einigen Stellen deutlich, dass die Geschichte ursprünglich nicht darauf ausgelegt war, zu einem runden Ganzen zusammengefügt zu werden. Und so mündet „Spectre“ in einem (vorläufigen) Ende der Craig-Reihe, das dem über vier Filme gechaffenen Hauptcharakter gerecht wird. Der Weg dorthin erweist sich jedoch für den Zuschauer als ausgesprochen holprig und anstrengend.

Zusammenfassung und Ausblick

Daniel Craigs Bond ist eine vom Einsatz und Töten gezeichnete Figur. Agent 007 unterscheidet sich deutlich von den bisherigen Darstellungen seiner Vorgänger. Im Laufe der bisherigen vier Filme verabeitet Bond einen schmerzhaften Verlust, hinterfragt seine berufliche Tätigkeit und räumt mit seiner Vergangenheit auf. Am Ende findet er die große Liebe und damit wahrscheinlich seinen Frieden. Nun stellt sich natürlich die Frage was der fünfte Film der Craig-Reihe dem noch hinzufügen kann. Mir persönlich fällt nichts Sinnvolles ein, was zum einen die Figur des neuen Bond weiterentwickeln würde und zum anderen die Geschichte nachvollziehbar fortsetzt. Sollte es sich bei „No Time to die“ um ein für sich selbst stehendes Bond-Abenteuer stehen, hätte man auch (wie geplant) auf einen neuen Darsteller setzen und damit eine neue Ära einleiten können. So oder so bleibt Daniel Craig für mich der beste Bonddarsteller, seine Version des 007 die interessanteste der Reihe und „Skyfall“ einer der besten Bondfilme überhaupt.

Wie seht ihr das? Wie sind eure Erwartungen an „No Time to Die“? Und wie seht ihr Daniel Craigs Version des nimmermüden 007?

3 Gedanken zu “„Do I look like I give a damn?“ – Daniel Craig als James Bond

  1. Ich bin mit Connery und Moore (Samstagsabends, 20.15 Uhr, in der ARD 😉 ) aufgewachsen, kenne von Brosnan nur das erste Bond-Outing und habe erst mit Craig (nach anfänglichem Zögern) wirklich Zugang zu Bond bekommen.
    Daher ist er auch für mich der bisher beste Bond und ich mag eigentlich alle seine Bond-Filme, bis auf QoS, der war mehr als schwach.
    Leider wird er als Schauspieler gern unterschätzt, obwohl er einiges drauf hat und auch sehr selbstironisch sein kein.
    Nun hoffe ich, dass Craig mit ‚No time to die‘ einen würdigen Abschied bekommt und bin gespannt auf den Nachfolger.

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      • Ich finde, Moore hat zu spät seinen Hut genommen. Spätestenen nach „In tödlicher Mission“ hätte er aufhören sollen. Danach wurde
        die Filme immer schlechter und schlechter. Und Moore wurde älter und älter, was man ihm dann auch leider irgendwann ansah.

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