Filmvergleich (3): Batman (1989) versus The Dark Knight (2008)

Lieber Popcorn oder besser einen lecken Hotdog? Lieber prickelnden Krimsekt oder trockenen Rotwein? Geschmäcker sind unterschiedlich, jeder hat so seine Vorlieben. Gute Köche können aus solider Hausmannskost mit den richtigen Zutaten etwas wunderbar Neues zaubern und die Geschmacksnerven auf ungewohnte Art und Weise stimulieren. Kommt die neue Gaumenfreude gut an, wird der Koch oder werden die Köche vielleicht übermütig und probieren weitere, vermeintlich noch originellere Ingredienzien in der Annahme aus, dass auch mit den neuen Zutaten wunderbare Gerichte auf den Teller kommen, die wieder mit Genuss verzehrt werden.

So oder ähnlich lässt sich wohl die Ära der vier Batman-Filme beschreiben, die in den Jahren 1989 bis 1997 aus dem Hause Warner Brothers in die Kinos gebracht wurden. Es begann damit, dass Tim Burton mit „Batman“ (1989) einen absoluten Megahit landen konnte. Flankiert von einem riesigen Promotionfeldzug, der schon während der Planungsphase des Projektes einsetzte, mit Werbeeinnahmen und dem Verkauf von Merchandise-Artikeln nahm der Film allein im Erscheinungsjahr laut Wikipedia satte 1,4 Mrd. US-Dollar ein. Nicht schlecht für ein Projekt, dem anfangs ganz sicher nicht jeder Warner-Verantwortliche große Chance eingeräumt hatte.

Dies schrie natürlich förmlich nach einer Fortsetzung und Burton ließ sich vom Studio unter der Bedingung der völligen künstlerischen Freiheit noch zu einer Fortsetzung überreden und konnte mit „Batman Returns“ (1992) einen weiteren Hit landen, obwohl es dieses Mal noch um einiges düsterer als im ersten Film zuging. Auf jeden Fall hatte der Regisseur aber mit beiden Filmen den richtigen Nerv getroffen.

Mit „Batman Forever“ (1995) kam es dann zu gravierenden Änderungen beim Franchise. Tim Burton hatte die Lust verloren und wollte sich anderen Projekten widmen. Er übergab den Regiestuhl daher an Joel Schumacher („Die Jury“, „Falling Down“), der neue Batman wurde Val Kilmer, nachdem der zweimalige Fledermausmann Michael Keaton ebenfalls keine Interesse mehr verspürte, weiterhin den Superhelden zu mimen, zumal er auch bei Publikum nie ganz unumstritten war. Auch bei der Optik des dritten Films wurde neu aufgesetzt. Die Schurken waren jetzt weit weniger beeindruckend als in den Filmen Tim Burtons. Zwar war „Batman Forever“ noch ein veritabler Erfolg, aber man merkte bereits, dass sich die Reihe in eine Sackgasse bewegte. Als dann mit „Batman & Robin“ (1997) neben dem ausbleibenden finanziellen Erfolg auch noch jede Menge Häme (immerhin 11 Razzie-Nominierungen) über den Film und die Macher hereinbrach, war der Bogen überspannt und man entschloss sich, die Fledermaus kopfüber an die Decke zu hängen und ihr einen ausgiebigen Schlaf von unbekannter Dauer zu gönnen.

Es dauerte dann tatsächlich bis zum Jahre 2005, bis Warner, animiert durch die Kassenschlager durch die Superhelden der Konkurrenz Sony (Spider-Man) und Fox (X-Men) wieder Morgenluft witterte. Mit Christopher Nolan hatte man einen Regisseur an Bord, der der Batman-Reihe eine andere Richtung geben konnte und der neue Wege beschreiten wollte. Gleich sein Regie-Debut „Batman Begins“ war ein riesiger Erfolg. Die neue Richtung, die Nolan der Figur gegeben hatte war clever, modern und ließ die Fehler der Vergangenheit vergessen.

Was aber macht die Unterschiede aus zwischen dem Batman eines Tim Burtons und dem dunklen Ritter Christopher Nolans aus? Schauen wir uns einmal einige allgemeine und besondere Kriterien an, die sich gut miteinander vergleichen lassen. Da aber insbesondere die Figur des Jokers in den Filmen der beiden Regisseure sehr unterschiedlich dargestellt wird, sind die Filme, die sich hier miteinander messen lassen müssen, Burtons „Batman“ und Nolans „The Dark Knight“:

  • Der Held

Die Besetzung Michael Keatons als Titelfigur für Tim Burtons „Batman“ löste damals wüste Stürme der Empörung aus. Zu unbekannt für einen Blockbuster, zu unscheinbar, zu langweilig. Im Gespräch für die Hauptrolle waren damals u.a. Pierce Brosnan und Mel Gibson, die zumindest damals die größere Starpower mitgebracht hätten. Ob Sie aber auch den besseren Batman abgeliefert hätten, bleibt reine Spekulation. Letztlich setzte Burton aber Keaton, der davor mit dem Regisseur „Beetlejuice“ sehr erfolgreich gemacht hatte, durch. Im fertigen Film machte Keaton dann aber einen überwiegend guten Job. Zumindest im Batman-Kostüm wusste er zu überzeugen. Dynamisch, ein bisschen unheimlich, wortkarg und immer ein wenig depressiv wirkend. Dieser Batman entspricht vermutlich eher der Figur aus den früheren Comics aus dem Hause DC, in denen die Geschichten noch etwas verspielter waren und mehr sarkastischen Witz hatten. Eher blass wirkt Keaton allerdings als „ziviler“ Bruce Wayne. Das ist eher Buchhalter und Kleingarten, als Multimillionär und Partylöwe.

Schon in „Batman Begins“ hatte Christopher Nolan einen anderen Weg beschritten und die Figur des Batman vollkommen modernisiert und sowohl äußerlich wie auch im Habitus den 2000er-Jahren und den geänderten Sehgewohnheiten des Publikums angepasst. Diesen Weg ging er dann auch im nachfolgenden Film „The Dark Knight“ konsequent weiter. Einfach nur Superheld reichte jetzt nicht mehr. Es waren mehr Tiefgang und noch mehr zerrissener Charakter gefragt. Die Umsetzung gelang jetzt sogar noch besser als im ersten Film. Die Mischung auf hartem Kerl und psychisch labilem und traumatisiertem Sonderling spielt Bale nahezu perfekt. Auch sein Bruce Wayne wirkt wesentlich echter. Ihm nahm man den Lebemann, der so manch dunkles Geheimnis mit sich trägt, ohne weiteres ab.

Mein Fazit: Ich trenne hier nach den Figuren Batman und Bruce Wayne. Beim dunklen Rächer haben beide Darstellungen ihren Reiz, hier könnte ich mich nur schwer zwischen Keaton und Bale entscheiden. Keaton überzeugt in einem eher comichaften Film, während Bale in seiner Rolle dem Charakter mehr Tiefe gibt. Hier haben beide Filme unterschiedliche Ansätze, so dass ich mich einer klaren Stimme enthalten muss. Anders sieht es bei Bruce Wayne aus: hier stimme ich ganz klar für Christian Bale, der den Playboy mit der nötigen Arroganz und Überheblichkeit spielt, gleichzeitig aber auch immer durchklingen lässt, dass hinter der Fassade auch so manch seelischer Abgrund steckt.

  • Der Schurke

In der Batman TV-Serie der 1960er-Jahre (sowie dem auf der Serie basierenden Spielfilm „Batman hält die Welt in Atem“) wurde Batmans Erzfeind, der Joker, von dem schwulen Schauspieler César Julio Romero, Jr. gespielt, der die Rolle genauso spielte,  wie man es erwartet, wenn man auch nur über ein wenig Comic-Grundwissen zu Batman verfügt. Bunt, laut, irre und tödlich. Der Superverbrecher mit der Blume im Knopfloch, die wahlweise Wasser oder Säure versprühen kann. Genauso kehrte der Joker dann 1989 auf die Leinwand zurück, nur dass dieses Mal Superstar Jack Nicholson hinter dem grellweißen Make Up steckte. Aber Nicholson begnügte sich natürlich nicht damit, im Film lediglich eine Kopie Romeros abzuliefern. Nein, er brachte noch seine eigene Art der Darstellung von Wahnsinn mit in die Rolle ein. Einen Wahnsinn, den er bereits 1980 in Stanley Kubricks Horrorklassiker „The Shining“ in perfekter Weise auf der Kinoleinwand gezeigt hatte. Diese Kombination aus Joker, Jack Torrance und gepaart mit Nicolsons ganz besonderen Art des (Over)Actings, machen aus dem 1989er-Joker eine Filmfigur für die Ewigkeit. Noch nie war Wahnsinn so schön.

Zum neuen Realismus der Nolan Batman-Reihe wollte ein so schriller und vollkommen überzeichneter Charakter, wie Nicholsons Joker nicht so recht passen. Daher ging man auch bei der Darstellung des Schurken in eine neue, eine andere Richtung. Mit Heath Ledger hatte man ein idealen Darsteller (Oscar 2009 als bester Nebendarsteller) des neuen Jokers gefunden. Verrucht, schmutzig, gemein und völlig wahnsinnig. Sein Charakter wirkt wesentlich gefährlicher und tödlicher als der Joker aus „Batman“. Ledger entlockt dem Zuschauer nur selten ein Lächeln, er lässt uns eher erschaudern; kein Spaßmacher, kein Harlekin. Eher ein Teufel mit breitem Grinsen auf dem Gesicht. Während in Burtons Film erklärt wird, wie aus dem Gangsterboss Jack Napier der Joker wird, lässt uns Nolan hierüber im Unklaren. Im Verlauf der Handlung schildert sein Joker zwar verschiedene Varianten dazu, wie er zu dem wurde, was er ist. Eine finale logische Erklärung gibt es jedoch nicht. Das macht die Figur noch unheimlicher, vergrößert aber auch die Faszination, die von diesem Charakter ausgeht.

Mein Fazit:  Ledger ist eindeutig die bösere, Nicholson die buntere Figur. In beiden Filmen sind die Bösewichte perfekt besetzt und die darstellerischen Leistungen sind jeweils überragend. Wo Nicholson manchmal etwas zu sehr aufdreht, entfernt sich Ledger zu sehr von dem Joker, den ich aus den (älteren) Comics und der Serie kenne, wobei ich bei weitem nicht alle Metamorphosen Batmans und der weiteren Figuren aus der Comicreihe mitverfolgt habe, die es im Laufe der Jahre gab. Müsste ich mich aber zwischen den beiden Jokern entscheiden, würde ich die von Nicholsons gespielte Figur bevorzugen.

  • Die Stadt

Die Geschichten aller Batman-Filme, incl. der Fernsehserie, spielen in Bruce Waynes Geburtsort und Heimatstadt, Gotham City. Und so wie die Filmreihen von Burton/Schumacher und Nolan sich in der Darstellung der Charaktere und in ihrer Erzählweise voneinander unterscheiden, so anders fällt auch das Bild der fiktiven Metropole aus, die irgendwo an der Ostküste der USA verortet werden kann und die ziemlich eindeutig einer anderen Stadt in ähnlicher geographischer Lage – man könnte sich hier sehr gut New York vorstellen – nachempfunden wurde.

In den beiden Burton-Filmen ist die Vorliebe der Regisseur für die Filme des Gothic Horror, wie er z.B. in den 1960er-Jahren von den britischen Hammer Studios auf die Leinwand gebracht wurde, klar erkennbar. Betont düster und künstlich wirkend, aber dennoch nicht wirklich unecht. Eine ganze eigene imaginäre Welt der Finsternis und des Geheimnisvollen. Mit seinen scheinbar ins Nichts führenden Straßen, Gebäuden wie aus einer Charles Dickens-Verfilmung, in Verbindung mit Bauten aus James Whales „Frankenstein“  und Anleihen an den Surrealismus des deutschen Stummfilms der Weimarer Republik. Bon jour Tristesse.

Mit Nolans Übernahme und dem Relaunch der Reihe hielt in jeder Hinsicht Realismus Einzug in die Produktionen. Das betraf augenscheinlich auch das Stadtbild von Gotham City. Nichts verspieltes oder fantasievolles mehr. Die Stadt wirkt eben wie eine echten US-Metropole, die sich so gut wie gar nicht mehr von New York (ganz besonders natürlich von Manhattan) unterscheidet. Im Zusammenspiel mit den realistischer und „echter“ wirkenden Figuren, ergänzt sich dies ganz hervorragend und verleiht den Nolan-Filmen eine eigene urbane Dynamik. Das Franchise war damit vollständig in den 2000ern angekommen.

Mein Fazit: Mir hat immer das Fantastische, das Irreale in den Batman-Filmen sehr gefallen. Bezogen auf die Optik Gotham Citys punktet hier eindeutig „Batman“ vor „The Dark Knight“, da durch die sehr reale Darstellung der Stadt viel von dem fast schon surrealen Zauber, den die Welt Batmans für mich ausmacht, verlorengeht. Aber hier – wie auch beim Helden oder dem Schurken – muss jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden, was gefällt.

10 Gedanken zu “Filmvergleich (3): Batman (1989) versus The Dark Knight (2008)

  1. Ich würde auch eher zu „Batman“ als zu „The Dark Knight“ greifen, was halt besonders an Burton und Nicholson liegt. Außerdem gefällt mir einfach das Gesamtbild mehr. Bei „The Dark Knight“ ragt die Leistung vom Joker über allen und verdeckt auch vielleicht die ein oder andere Schwäche. Aber du hast hier auch zwei Filme verglichen, die mindestens mal überdurchschnittlich sind 😉

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  2. Ich oute mich dann mal und muss sagen, dass ich den Burton Batman uuunglaublich dröge fand 😀 Ich habe ihn vor 1-2 Jahren erst das erste Mal gesehen und er wirkte auf mich schon echt ziemlich schlecht gealtert. Musste mich da wirklich 2 Stunden durchquälen, die sich enorm gezogen haben. Einzig Nicholson hat mich da ein wenig bei der Stange gehalten, weil ich gespannt auf seine Performance war

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  3. Batman Returns ist für mich gleichauf mit dem Dark Knight. Ich weiß, ich weiß, der Batman tötet (auch noch mit gewissem Vergnügen), aber es war eben eine Interpreatation der Figur. Aber die Erforschung des Aussenseitertums (was letztlich Thema aller Burtonfilme ist) ist ihm hier, besonders an den Schurken, wunderbar gelungen.

    Beim hier vorliegenden Vergleich wäre der Dark Knight um eine (hochrealistische) Fledermausohrenlänge vorne.

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      • Die Tonalität in „Batman Returns“ ist schon eine andere, als im ersten Teil. In der Fortsetzung geht es deutlich ernster und weniger verspielt zu. Teilweise auch durchaus ein wenig gruselig, grad die unterirdische Welt des Pinguins (Danny DeVito) konnte mich damals überzeugen. Ja, auch wenn man von „Batman“ nicht so überzeugt war, lohnt die Sichtung des Sequels.

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      • Grundsätzlich eher nicht. Kommt natürlich drauf an, was Dir am ersten nicht gefällt. Burton hatte hier freiere Hand, konnte sein gothic Gotham weiter ausbauen, gerade was den Pinguin angeht noch eine Spur grotesker werden. Und er ist deutlich weniger an Batman selbst interessiert.

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  4. Ich habe es nicht so empfunden, dass Batman hier etwas in den Hintergrund gerückt wurde. Auf jeden Fall hatte der Pinguin aber die besseren Szenen 😊

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