Nächster Halt: Fruitvale Station (2013)

Kennt ihr das: Der Abspann läuft und euch kullern noch immer in einer Tour die Tränen die Wangen hinab? Je nachdem, wie eure Antwort auf diese Frage lautet, wisst ihr, wie es mir nach der Sichtung von „Nächster Halt: Fruitvale Station“ ergangen ist.

Und dabei fängt alles so harmlos an. Denn eigentlich passiert nicht viel mehr, als dass man als Zuschauer einem Typen namens Oscar einen Tag lang folgt. Gut, der werte Herr ist Ex-Knacki, ehemaliger Drogendealer, zur Zeit gerade mal wieder arbeitslos, aber trotz allem doch auf Anhieb sympathisch. Man merkt seinen Willen, sich ändern, sich bessern zu wollen, nicht nur für sich, sondern auch für seine Freundin und seine kleine Tochter. Keine krummen Dinger mehr, eine anständige Arbeit finden und endlich mit seiner kleinen Familie glücklich werden. Und weil das ein richtig guter Plan ist, macht er ihn gleich mal zu seinem Vorsatz. Es ist nämlich Silvester. Und so macht er sich am Abend gemeinsam mit seiner Freundin und Clique auf den Weg in die Stadt, um das neue Jahr gebührend einzuläuten.

Manche von euch werden nun schon wissen, wie die Geschichte am Ende dann ausgeht. Ich muss zu meiner Schande gestehen, ich wusste es im Vorfeld nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der Vorfall schon ein paar Jahre her ist und ich damals noch nicht so alt war, aber tatsächlich sagte mir der Name Oscar Grant III. vor diesem Film nichts. Nach dem Film, werde ich den Namen allerdings wohl noch lange Zeit in Erinnerung behalten, wenn ich ihn überhaupt jemals wieder vergessen werde.

Das hat natürlich einerseits mit den tragischen Ereignisse zu tun, zum anderen aber auch mit der Qualität des Films. Denn wo andere Filme gerne einmal meinen, ellenlanger Expositionen zu bedürfen, um ihre Figuren lebendiger und greifbarer zu machen, beweist Ryan Coogler hier eindrucksvoll, dass dem nicht so ist. Alleine dadurch, dass er uns Oscar in ganz gewöhnlichen Alltagssituationen zeigt, baut er eine Nähe zwischen dem Publikum und seinem Hauptcharakter auf, die einen sofort mitfühlen und verstehen lässt. Es braucht keiner großen Worte und noch größeren Taten, zumeist sind es die kleinen Dinge, die dem anderen erst so richtig zeigen, wer man ist.

Und Coogler zieht diesen Ansatz dann auch konsequent durch. Über die Kameraführung, bis hin zu den Schauplätzen und Dialogen, nichts wirkt gekünstelt, alles fügt sich organisch zusammen. Natürlich ist es für einen Filmemacher auf der einen Seite leichter, eine Person zu zeichnen, die tatsächlich gelebt hat, auf der anderen Seite gibt es aber auch in diesem Genre genügend Beispiele, die sich dennoch während der Sichtung eindeutig nach einem Film anfühlen – hier aber nicht, das hier fühlt sich nach Leben an, nach dem echten Leben. Weswegen das Ende dann auch umso bitterer ist.

Doch natürlich ist nicht nur Coogler alleine dafür verantwortlich, dass einen der Film emotional so zu packen vermag. Ein ganz großes Lob gebührt an dieser Stelle auch Hauptdarsteller Michael B. Jordan. Kein Wunder, dass der Mann damals mit Nominierungen und Auszeichnungen regelrecht überschüttet wurde und heute gefragter denn je in Hollywood ist, denn seine Darstellung eines jungen Mannes, der sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht, als sein Leben in den Griff zu bekommen und für seine Tochter da zu sein, ist wirklich ganz große Schule. Und noch jemanden aus dem Cast möchte ich hier hervorheben (auch wenn das natürlich nicht heißen soll, dass der Rest der Truppe nicht auch einen hervorragenden Job machen würde): Octavia Spencer. Auch wenn sie eine sehr kleine Rolle hat, zählt eine ihrer Szenen doch zu den besten und niederschmetterndsten zugleich.

Ein Meisterwerk von einem Film, das weder viel Zeit, noch vieler Worte bedarf, um eine Geschichte zu erzählen, die einem in Mark und Bein fährt.

3 Gedanken zu “Nächster Halt: Fruitvale Station (2013)

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