Auch wenn die derzeitig Flut an Superheldenfilmen einen schon beinahe nostalgisch an die alten Zeiten zurückdenken lässt, muss man bei genauerem Hinsehen doch feststellen, dass dieses Genre eigentlich alles andere als blutjung ist und Kinogänger schon seit Jahrzehnten begleitet. Natürlich gab es immer mal wieder Hochs und Tiefs und solch einen Hype wie heutzutage hat das Genre vorher auch noch nie erlebt, trotzdem war es spannend zu sehen, dass sich maskierte Helden bereits seit den 40er Jahren auf der Leinwand tummeln und die von ihnen ausgehende Faszination all die Jahre überdauern konnte. Deswegen habe ich mir mal die Mühe gemacht, mich ein wenig durch die Jahrzehnte zu schauen und euch einen kleinen Überblick über das Genre zu geben.
Die Anfänge
Wie oben bereits erwähnt, lassen sich die Wurzeln des Superheldenfilms bis in die 40erJahre des letzten Jahrhunderts zurückverfolgen, was angesichts der Tatsache, dass DC und Marvel Ende der 30er jeweils ihre ersten Comichefte unter den Mann brachten, wohl wenig verwundern dürfte. Als erster richtiger Realfilm des Genres wird heutzutage meist „Das Phantom“ von 1943 genannt, was auch nicht wirklich verwundert, wenn man sich einmal vor Augen führt, dass der zugehörig Comic heutigen Veteranen wie Batman, Captain America und Co. ein paar Jahre voraus war. Wobei zumindest Captain America nicht lange auf seinen ersten Solofilm warten musste, der kam nämlich ein Jahr später, also 1944, in die amerikanischen Kinos. Ganz allgemein kann man sagen, dass die 40er und 50er Jahre noch eher zaghaft mit dem neuen Pferd im Stall umgingen, insgesamt nur wenige vollwertige Filme produziert wurden und man lieber erst einmal nur auf Serials setzte (also kürzere Filme, die vor dem eigentlichen Hauptfilm gezeigt wurden).
Die wilden 60er und 70er
Gibt es eigentlich einen künstlerischen Bereich, in dem diese beiden Jahrzehnte nicht als besonders radikal und kreativ gelten. Ein unzähmbarer Drang nach Neuem brach mit alten Konventionen und ebnete den Weg hin zu mehr Freiheit. Expressionismus, Baby. Es war aber auch eine Zeit der schwelenden Konflikte, der offenen Gesellschaftskritik und so natürlich auch des Anprangerns des Establishments. Das alles spiegelt sich auch in den Superheldenfilmen dieser Zeit wider: klamaukig durfte es sein, der Traum vom strahlenden Superhelden sollte gehörig auf die Schippe genommen werden und Fahne schwenkende Patrioten waren sowieso out. Wenn Batman also sein Anti-Hai-Spray zückt oder Schurken vermöbelt, wobei die passenden Soundeffekte natürlich nicht fehlen dürfen, ist das nicht nur verdammt lustig, sondern halt irgendwie auch ein Statement. Außerdem wurde den Drehbuchautoren hier auch deutlich bewusst, dass nicht jeder Superheldenfilm zwangsläufig auf einer Vorlage basieren muss (wobei dies natürlich für den Bekanntheitsgrad und finanziellen Erfolg nicht gerade förderlich war).
Die 80er und 90er – Eine bunte Mischung
Obwohl die satirischen, lustigen und abgedrehteren Varianten sich ihren Platz innerhalb des Genres sichern konnten, wurde doch ein weiterer Versuch unternommen, den Superheldenfilm ein wenig ernster und erwachsener zu gestalten (mal mehr, mal weniger erfolgreich). Ein Film, der gut herangenommen werden kann, um diese Entwicklung aufzuzeigen, ist „Superman“ aus dem Jahr 1978 – für viele nach wie vor die beste Darstellung dieser ikonischen Figur. Auch wenn hier und da mal ein Lacher eingestreut ist, handelt es sich hier doch eindeutig um einen Film, der erwachsenere Themen adressiert. Tim Burtons „Batman“ ist ein wunderbares Beispiel für eine gelungene Verschränkung dieser beiden Strömung mit seinem düsteren Grundton, der allerdings in eine abgedrehte alternative Comicwelt verfrachtet wird. Auch Marvel versuchte es erneut mit ein paar seiner Steckenpferde, scheiterte aber am geringen Budget und der deutlich stärkeren Konkurrenz (wobei Filme wie „Captain America“ und „The Fantastic Four“ einem heute, ob des billigen Looks, zumindest ein Lächeln ins Gesicht zaubern).
Die 2000er – Der Hype beginnt
Wer nun genau für den Start jenes Hypetrains verantwortlich war, der bis heute immer weiter an Fahrt aufgenommen hat, lässt sich im Nachhinein schwer sagen: Fest steht auf jeden Fall, dass sowohl den Studios als auch den Zuschauern plötzlich bewusst wurde, dass Superheldenfilme richtige Kassenschlager sein konnten, durchdachte, gut gemachte Filme, die einen auf eine im wahrsten Sinne phantastische, actionreiche Fahrt mitnehmen und einen manchmal gar zu Tränen rühren konnten. „Blade“, „X-Men“, „Spider-Man“ plötzlich schienen Filmemacher am Werk zu sein, die verstanden hatten, wie man Fans und Neulinge gleichermaßen abholt, schien genügend Budget vorhanden zu sein, um die zahlreich benötigten Special Effects überzeugend ausschauen zu lassen (was natürlich auch an der sich rapide entwickelnden Computertechnik lag) und schien man die richtige Mischung aus Ernsthaftigkeit und Spaß gefunden zu haben. Und 2008 startet dann schließlich Marvel zunächst noch mit einem äußerst ambitionierten Traum, von dem niemand wusste, ob er jemals Wirklichkeit werden würde, eine bis dato nie gesehene Superheldeninitiative. Das Marvel Cinematic Universe oder kurz MCU nahm seinen Anfang und entwickelte sich nicht nur zu einem der finanziell erfolgreichsten Franchises überhaupt, sondern auch zu einem wahren Phänomen der Popkultur.
Wohin die Reise noch gehen wird, wann der Hype wieder abflacht und was dann als nächstes auf Kinozuschauer weltweit zukommen wird, steht natürlich noch in den Sternen, aber eines steht fest, der Superheldenfilm wird wohl nie ganz und gar von der Bildfläche verschwinden.
(Anmerkungen: Die obigen Ausführungen beziehen sich vor allem auf die Geschichte des Superhelden-Realfilms, wobei das Gesagte in leicht abgewandelter Form durchaus auch auf Zeichentrickfilme und Serien zutrifft.)
Dieses wahnsinnige Ausschlachten der Superhelden in den 2000er Jahren ging mir so auf den Keks, dass ich schon seit Jahren ein Verweigerer dieser Filme bin. Den Murks dürfen sich gerne andere anschauen.
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Ganz ehrlich, mich faszinieren die 90er in der Hinsicht am meisten. 89 beweisen Burton und Warner, dass Superhelden zum Blockbuster wunderbar taugen. Cool, folgen also bald die nächsten DC und sicher auch Marvel Helden, oder? Nö, stattdessen wunderbar seltsame Auteur-Werke. Warren Beattys erstaunliches Herzensprojekt Dick Tracy. Raimis Darkman (zugegeben, ohne Comicvorlage). Rachel Talalays Tank Girl. Joe Johnstons Rocketeer. Alex Proyas The Crow. Und Burtons eigene Fortsetzung, die sich um Blockbusterkonventionen nicht scherte. Und dann… alte Pulphelden im düsteren Batman Stil? The Shadow? The Phantom? Warum? Wollte die ernsthaft jemand sehen? Hoffentlich! Insgesamt war das interessanter, experimenteller als heute. Wenn auch meist weniger elegant.
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Ja, die 90er waren was Comicverfilmungen betrifft schon ein einzigartiges und erfrischendes Jahr…auch wenn vieles davon heute wohl nur mehr mit einem Augenzwinkern gesehen werden kann 😉
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Stimmt schon, diese Mischung aus Camp und Düsternis istt seeehr 90er und manchmal ZU 90er. 😉
Aber sagen wir, die experimentelle Comicverfilmungsühase der 90er ist besser gealtert als die experimentelle Videospielverfilmgsphase der 90er (wobei 1. da immer noch nicht der „richtige“ Weg gefunden wurde und 2. Mooortal Kombaaat ist aus den 90ern und, natürlich, die beste Videospielverfilmung).
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Ja, schon sehr erstaunlich, dass man den Weg, den Burton mit Batman geebnet hat, nicht konsequent weiter verfolgt hat. Stattdessen hat man – zumindest in Europa – überwiegend auf unbekannte Helden – wer kennt in Deutschland Dick Tracy oder Rocketman – gesetzt. Und alle haben mehr oder weniger Schiffbruch an den Kassen erlitten. Da sind die Studios wirklich schlecht beraten gewesen. Schon vor dem Hintergrund, was sich mit weltweit mit bekannten Helden/Schurken aus der ersten Reihe durch Merchandise hätte verdient werden könnnen…….. Hier hatte doch Batman auch schon gezeigt, wie es geht. Also, ich habe keinen The Shadow Kaffeebecher im Schrank stehen.
Zumindest wurde vieles ausprobiert. Das ist ja auch schon immer etwas.
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Vor allem: The Shadow und The Phantom. Ich weiß, einer ist Alec Baldwin in Hut und Mantel, der andere Billy Zane in hautengem lila. Setzt Du mir aber die Pistole auf die Brust, wer wer ist, dann ist meine Überlebenschance ziemlich genau 50%…
Aber ja, genau das Ausprobieren war das Schöne. Dafür boten sich die unbekannten Gesellen vermutlich auch mehr an.
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Lustig war die alte Batmanserie, wo noch meine Lieblingsdarsteller (wie Vincent Price als Egghead) auftraten. Es war kitschig und wer es ernst nahm – selber schuld, aber why not?
Nur die ganze „Kicking-the-dead-horse“ Version heute ist doch ein bissi sehr viel. Wo sind die Superhelden, die noch etwas für ihre Gaben tun müssen? Der einzige, der mir dazu einfällt ist „Dr. Strange“ – der genau genommen eher ein Magier als Superheld ist. Selbst die Götter wie Thor sind halt dann keine Menschen, sondern eben Götter.
Mir fehlt bei der ganzen Superhelden-Sache schlichtweg – Was tut der künftige Superheld für seine Fähigkeiten? Längst werden die Gaben inflationär herumgeschmissen … da wird einem einfach nur noch übel dabei. Und ich bezeichne jemanden, der beispielsweise spüren kann, wie es einem anderen geht, nicht als Superheld sondern als Empathen, Gedankenleser sind psi-begabt, aber keine Superhelden …
Schade drum.
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Interessante Gedanken. Meine Vermutung geht dahin, dass man heutzutage technisch eben auch alles (mehr oder weniger) glaubhaft darstellen und sich die Studios einfach mit ihren Schauwerten überbieten wollen. Schneller,h öher, weiter. Das gilt dann eben auch für die Superkräfte. Deswegen war ich auch nie ein Fan von Superman. Das war mir immer zu viel an Superkraft, weil er eben alles kann und nebenbei noch unverwundbar ist. Da lobe ich mir Batman oder z.B. Hawkeye, die ehrliche Fähigkeiten durch Training erworben haben und eben keine Superkräfte haben.
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das Dilemma, das Marvel und DC aufstellen, ist, dass einfach alles irgendwie in die Schiene gezogen wird … nichts dagegen einzuwenden, denn ich könnt mir Hammer Film Production auch nicht vorstellen, dass die was anderes als Gruselfilme drehen … das wäre absurd ….
aber wenn dann noch Figuren wie beispielsweise „Swampthing“ auftauchen, die doch ursprünglich nichts mit Superhelden zu tun hatten und jetzt selber welche sind. Das macht schon etwas traurig.
Superman – ja …. er hat wirklich alles … aber wer alles hat, kann auch alles verlieren. Interessanter sind wirklich jene, die sich selbst alles organisierten und beibrachten, weil da einfach mehr dahintersteckt. Da hast du recht.
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Ja, diese Denke, dass die Marvel/DC-Universen unendlich ausdehnen lassen, kann natürlich schnell nach hinten losgehen, wenn die Charaktere immer beliebiger werden und man mehr oder weniger schon die Ersatzbänke plündert, um neue Helden oder Schurken aufbieten zu können. Das wird der Zuschauer ganz sicher auch nur begrenzt mitmachen. Erste Anzeichen konnte man schon bei den Avengers erkennen. Warbird, Falcon …… Wer kennt die außerhalb der USA? Da ist dann Masse ganz sicher keine Klasse. Da ist die DC-Welt noch ein Stück weit von entfernt, wobei auch Aquaman als Comicfigur in Europa bei Weitem nicht jedem bekannt gewesen sein dürfte. Warten wir ab, wie es weitergeht. Ich bin auf jeden Fall gespannt.
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