Man bekommt ja nicht häufig die Gelegenheit, mal so richtig aus sich herauszugehen, um über das zu schreiben, was man am meisten liebt, nämlich sich selbst. Aber natürlich wird dies nur deshalb möglich, weil sich in der großen Abstimmung im Oktober, in der es darum ging, wer aus Klappe! Team seine Lieblingsfilme zum Gegenstand einer Monatsausgabe unseres Magazins machen darf, sich Tausende, ach was, Millionen von treuen Lesern richtig entschieden haben. Wer anders, wenn nicht „The Oldest Blogger in Town“ wäre es wert, dass ihm in dieser Ausgabe unseres Magazins gehuldigt und ein literarisches Denkmal gesetzt wird? Na, mindestens drei weitere Personen gäbe es da ja schon.
Aber mit wem haben wir es hier eigentlich zu tun, wer ist dieser Steffelowski? Woher kommt nur dieses universelle profunde Filmwissen, das Experten immer wieder in Erstaunen und Frauen jeden Alters in Verzückung versetzt? Unternehmen wir doch einmal eine kurze Reise zurück in eine Zeit, in der Kinos noch Platzanweiser hatten und der Abspann eines Films eine Sache von wenigen Minuten war. Begeben wir uns also auf die Spuren eines der ganz großen seiner Zunft.
Wo aber anfangen? Wenn man den wenigen noch lebenden Zeitzeugen glauben darf, war eine der ersten Filme, die Steffelowski auf der großen Leinwand sehen konnte, eine Wiederaufführung Walt Disneys „Bambi“. Ein Film, der wenig Eindruck hinterließ, dafür aber eine Handvoll Tränen getränkter Papiertaschentücher. Sonstige verwertbare Aufzeichnungen aus der Frühzeit kindlicher Kinobesuche sind jedoch leider nicht erhalten geblieben.
Nach zahnlosen Zeiten im Kindergarten, und den ersten unspektakulären Grundschuljahren trat eine Einrichtung in Steffelowskis Leben, die seine Kinoleidenschaft für immer zementierte: Die Samstag-Nachmittag-Matinee für 2,50 Deutsche Mark (DM genannt und Vorgänger des heutigen EUROS, der bei seiner Einführung allerdings auch gern TEURO genannte wurde). Hier gab es für kleines Geld das große (B- und C-) Kino. Japanische Filmmonster, reitende oder schwimmende Leichen, deutsche Lausbuben, italienische Kommissare und kantonesische Schwert- und Faustkämpfer gaben sich allwöchentlich ein Stelldichein. Wenn es der Filmprojektor schaffte, gab es auch schon mal zwei Filme am Stück zu sehen. Leider war dies nur sehr selten der Fall.
Nach dieser harten Schule der cineastischen 2- und oft genug 3-Klassigkeit war dann irgendwann der Boden bereitet, für das wahre Kino, welches es nun zu entdecken galt. Es folgten die Klassiker des frühen Horror-Films (meist im TV auf N3), Hitchcock, Western, Screwball Komödien, Thriller, Film Noir, Bergman, Spencer/Hill, Laurel/Hardy, Hudson/Day, von Praunheim, Argento, Romero und, und, und. Die Liste ist endlos lang und niemals auch nur im Ansatz vollständig.
So gingen die Jahre ins Land, Filme kamen und gingen, einige waren wie flüchtige Schatten, andere brannten sich dafür aber auf ewig in sein Gedächtnis ein. Waren es gute Filme, waren es schlechte Filme? Ja, sie waren alles. Die Hauptsache aber war, dass sie seine Filme waren. Manchmal war es nur eine Szene, ein Moment, ein Dialog oder Streichersatz an der richtigen Stelle. Und auch wenn er das Abseitige des Films und Ungewöhnliche im Kino immer zu schätzen wusste, schafften es in den Film-Olymp des Steffelowski doch ganz überwiegend sehr bekannte und von vielen geliebte Werke quer durch die Filmhistorie und die verschiedensten Genres. Um dem geneigten Leser und natürlich auch der geneigten Leserin einen Eindruck zu vermitteln, um welchen cineastischen Götternektar es geht, folgen jetzt 20 Filme, die „Ihm“ besonders viel bedeuten. Licht aus, Spot an. Willkommen in der Filmwelt des Steffelowski:
Planet der Affen (1968), weil der erste Auftritt der Gorillas immer noch ein echter Schock ist und ich damals die Marvel-Comics sehr geliebt habe.
Zitat: „Ich heiße Taylor“.
Der Pate, Teil 2 (1974), weil er einfach noch besser ist als Teil 1 und tatsächlich zuerst das Sequel gesehen habe.
Zitat: „Ich weiß, dass du es warst, Fredo, und es bricht mir das Herz“.
Die Unbestechlichen (1976), weil ich ihn bis heute nicht in jedem Detail verstanden habe und das Remake mit Kevin Costner so gar nicht mit dem Original zu tun hat.
Zitat: „Eine sehr riskante Story für unser Blatt“.
Das Omen (1978), weil der subtile Aufbau des Horrors für permanente Gänsehaut sorgt und ich dem Film meine Angst vor Hunden zu verdanken habe.
Zitat: „Seine Mutter war ein Schakal“.
Der weiße Hai (1975), weil man den mechanischen Hai nur so selten sieht und weil ich dem Film… (siehe „Der weiße Hai“) vor Haien….
Zitat: „Ich darf alles. Ich bin der Chief der Polizei“
Radio Days (1987), weil ich mir immer eine solche Kindheit gewünscht habe und weil mich die Szene mit dem im Schacht eingeklemmten Kind immer wieder zu Tränen rührt.
Zitat: „Get regular with Relax“.
Wer Gewalt sät (1971), weil die allmähliche Eskalation von Gewalt nie besser auf der Leinwand zu sehen war und die Landschaft so wunderschön ist
Zitat: „David ist Mathematiker“ – „Ach, Sie sind Rechenlehrer“.
Manche mögen’s heiß (1959), weil Bassgeige und Saxofon so gut harmonieren und der Film eine meiner frühesten Erinnerungen an (analoges) fernsehen mit der Familie ist.
Zitat: „Daphne, Sie führen schon wieder“.
Das Böse unter der Sonne (1982), weil Atmosphäre, Setting und Kostüme den Zuschauer so herrlich in die Handlung eintauchen lassen und ich die Drehorte auf Mallorca tatsächlich mal gefunden habe
Zitat: „Sie müssen der Horowitz der Schreibmaschine sein“.
Psycho (1960), weil sich der Film vom klassischen Thriller zu etwas entwickelt, was vorher noch nie zu sehen war und die ersten Male immer Hitchcocks Cameo übersehen habe.
Zitat: „Der beste Freund eines Mannes ist seine Mutter“
Moonrise Kingdom (2012), weil er von Wes Anderson ist und ich den Film im tollen Passage-Kino gesehen habe
Zitat: „Bis Hilfe eintritt, erkläre ich den Winzling, die Bohnenstange und den mit dem abgeklebten Auge zu meinen Deputies“.
Der Exorzist (1973), weil schon die erste viertel Stunde so unheimlich ist, dass es einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und es der einzige Horrorfilm ist, den ich je mit meiner Frau gesehen habe.
Zitat: „Die Sau gehört mir“.
Charade (1963), weil das der beste Hitchcock ist, der gar nicht von Hitchcock ist und ich als Kind so Angst vor dem Typen mit der Prothese hatte.
Zitat: „Mrs. Lampert, wissen Sie, was CIA ist? –“ Eine Fluggesellschaft, oder nicht?“
Lawrence von Arabien (1962), weil jede der 227 (!) Minuten ein Fest für Augen und Ohren ist und die Hommage in „Prometheus – Dunkle Zeichen“ charmant ist.
Zitat: Aua! Tut ja verflucht weh!“ – „Natürlich tut es weh.“ – „Na, was ist denn der Trick dabei?“ – „Der Trick, William Potter, ist, sich nichts daraus zu machen, dass es weh tut.“
Aliens – Die Rückkehr (1986), weil es das beste Sequel aller Zeiten ist und der Film meine erste gekaufte Video-Kassette war.
Zitat: „Sein Sie mein Gast“
Mord mit kleinen Fehlern (1972), weil Caine und Oliver zeigen, was wahre Schauspielkunst ist und den Film damals keiner außer mit in der Klasse gesehen hatte.
Zitat: „Mein Vater wollte, dass wir Engländer wurden“ – „Engländer wurden, sagten Sie?“.
Sieben (1995), weil David Fincher mit diesem Film, die Geschichte des Thrillers neu geschrieben hat und ich ihn mir am nächsten Tag gleich noch einmal angesehen habe.
Zitat: „Lang ist der Weg und beschwerlich, der hinaus ins Licht führt aus der Hölle“.
Der unsichtbare Dritte (1959), weil der Film Ansammlung an klassischen Filmszenen und Cary Grant älter als seine eigene Mutter ist.
Zitat: „Ich finde das nicht sehr fair, richtige Patronen zu gebrauchen“.
Damit ist der Einblick in eine beinahe unglaublich facettenreiche Kollektion von filmischen Meisterwerken beendet. 20 Filme, 20 Statements. Liebevoll zusammengestellt, sorgsam erwogen und mehrfach verworfen und neu zusammengestellt, von einer wahren Lichtgestalt des Filmwissens. Hier wird auch die kritischste Seele und der/die schlimmste Misanthrop*in ehrfurchtsvoll das Haupt neigen und voller Demut zum Boden schauen. Kann ein einzelner Mensch überhaupt so viel Sachverstand, so viel guten Geschmack und so ein solches Gespür für das Richtige haben? Es ist schwer, aber nicht unmöglich. Zumindest kenne ich da einen, der dazu in der Lage ist. Ganz still, ganz bescheiden und eher zurückhaltend – fast schon unscheinbar – geht er seinen Weg. Guckt hier, schaut dort, nickt kurz ab und denkt sich seinen Teil. Und warum tut er das alles? Na, weil er es eben kann.
Wenn ich nicht genau wüsste, du nimmst dich selbst auf die Schippe, würde ich sagen, mit einem Loch im Hinterkopf taugst du noch als Vogelhäuschen 😆 😆
Bei uns war das damals der Sonntagnachmittag für 2,00 bis 2.50 DM, wenn ich mich recht erinnere. Die Godzillafilme und der ganze andere Kram wie bei dir.
Eine super Auswahl hast du da getroffen und sehr passende Zitate ausgesucht 🙂
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Lieber Wortman, du hast mich tatsächlich durchschaut. Ja, ich habe hier ein wenig tiefgestapelt, was an meinem bescheidenen Naturell so liegen dürfte 🙂
Offenbar sind wir bei durch eine sehr ähnliche Schule gegangen, was das Herangehen an die Kinoleidenschaft angeht. Das verbindet doch irgendwie. Und einen ähnlichen Geschmack haben wir auch. Schön zu wissen, dass es noch andere Leute gibt, die das was heute als „Klassiker“ bezeichnet wird, noch im Kino gesehen haben.
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Deine Bescheidenheit ist mir ja schon aufgefallen 😆
Ohja… viele dieser sogenannten Klassiker oder Kultfilme habe ich im Kino gesehen. Allein Alien war der Hammer auf der Kinoleinwand. Oder Blade Runner, Blues Brothers, Heavy Metal, Akira, Conan… das waren Kinoerlebnisse 🙂
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Also Aliens ein besseres Sequel als Der Pate 2? 😀 Bin besonders Fan von diesen total verspielten und gewitzten Filmen… allein nur wieder darüber zu lesen gibt mir Lust, sowas wie Charade, Der unsichtbare Mann oder Manche mögens heiss wieder und wieder zu sehen oder endlich sowas wie Mord mit kleinen Fehlern zu entdecken. Was den Exorzisten angeht, muss ich ja zugeben, dass es mir immer wieder davor gräuelt, wenn ich darüber nachdenke den mal endlich nachzuholen. Bin ein ziemlicher Schisser 😀
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Wenn du wirklich ein solcher Schisser bist, würde ich vom Exorzisten abraten. Ich kann mich bei dem auch heute noch so richtig gruseln. Da reicht nach wie vor nichts heran. Erstaunlich, wenn man bedenkt, wie viele Jahre der Film schon auf dem Buckel hat. Ja, der Unsichtbare Dritte, Charade sind wirklich coole Filme mit gewitzten Drehbüchern und tollen Darstellern. Die wird man auch in 100 Jahren noch lieben. Manche mögen’s heiß sowieso. Ja, Mord mit kleinen Fehlern ist sicherlich nicht etwas für jeden Geschmack. Da merkt man das Theaterstück schon sehr. Aber der verbale Schlagabtausch zwischen Caine und Oliver ist wirklich brillant
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Den originalen „Das Omen“ fand ich auch schön gruselig.
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Eigentlich wärs schon mal cool wenn es mal wieder ein Horrorfilm schafft mich zu gruseln, ist ja die Seltenheit leider 😀
Und dieses theaterhafte spricht mich aber sehr an, ich mag ja Kammerspiele auch sehr
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Im Vergleich zur Letterboxd-Liste fehlen mit „Das Leben des Brian“ und „Departed“ zwei Filme. Sonst schöner, reichlich ironiegetränkter Einblick in die Filmliebe des Sheriffs.
Bis auf Aliens kann ich bei jedem der von mir gesichteten Filme auch nur zustimmen. Mord mit kleinen Fehlern steht seit kurzem in meinem Filmregal, ich freue mich darauf. Lawrence von Arabien steht auch noch bei mir aus.
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Wo hast du Mord mit kleinen Fehlern her?
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Ich kenn da einen Mann, der hatte den auf DVD und hat den Großteil seiner Filmsammlung angeboten und da war der dabei. Der selbe Herr, dem ich „Die Glücksritter“ abgekauft habe.
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Mist, und ich dachte, es merkt keiner, dass ich 2 Filme nicht erwähnt habe. Aber du bist eben nicht nur ein gewitzter Rätselknacker, sondern auch so ein ziemlicher Fuchs. Mit Chance könntest du in 2021 zum Deputy ehrenhalber ernannt werden.
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Welch Ehre
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Ach, einmal so alt werden und einen so weisen Artikel schreiben 😁
Die alte Genre-Schule der Kinos fehlt mir leider und viele dieser Filme (abseits der großen) findet man heute wahrscheinlich selten. Selbst Programmkinos zeigen heute nicht mehr so ein „Schund“, dabei hätte die Idee auch heute noch Potenzial. Also zumindest wenn man nicht in DM bezahlen muss 😅
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Ja, die Klassiker vergangener Jahrzehnte verschwinden immer mehr aus dem Fokus. Früher waren hier die öffentlich-rechtlichen TV-Sender bzw. die dritten Programme eine sichere Bank. Aber die Zeiten sind leider auch vorbei. Da werden dann lieber billige skandinavische Filme und Serien eingekauft, die mehr im Trend sind und die aktuellen Sehgewohnheiten bedienen. Sehr schade. So entgehen viele filmische Meisterwerke grade den jüngeren Leuten. Die fragen dann: „Lawrence von Arabien“? Nie gehört …
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