Muttertag (1993)

  • Regie: Harald Sicheritz
  • Schauspieler: Alfred Dorfer, Eva Billisich, Reinhard Nowak
  • Genre: Komödie
  • Land: Österreich

Ach ja, der Muttertag: Jahr für Jahr werden die Blumenläden gestürmt, Pralinenschachteln sind plötzlich Mangelware und verbrannte Eierspeisen werden der Mama ans Bett gebracht. Auch im Hause Neugebauer soll es diesmal ein ganz besonderer Tag werden, immerhin hat sich das Familienoberhaupt heuer extra viel Mühe gegeben und ein wirklich schönes Geschenk für die Gemahlin besorgt. Blöd nur, dass der Spross der Familie alles daran setzt zum Lausebengel der Siedlung ernannt zu werden, der dezent senile Opa mit den Ersparnisse türmt und die Ehrenperson selber Probleme mit dem Kaufhausdetektiv bekommt, weil sie gerne einmal Kleinigkeiten mitgehen lässt. Als dann noch die hübsche Nachbarin auf den Plan tritt, gerät schließlich alles vollends aus dem Ruder.

Familienidylle – von wegen! Das war wohl das Motto welches sich Regisseur Harald Sicheritz und seine Kollegen bei diesem Projekt ganz vorne auf das Banner geschrieben haben, denn so bitterböse und höchst amüsant zugleich wurde in der Filmgeschichte wohl noch selten an den bürgerlichen Werten gerüttelt. Dabei wirkt die kleine Siedlung am Rande Wiens wie ein Mikrokosmos, in dem sich scheinbar alle Klischees der Gesellschaft wiederfinden. Sei es der wohlgenährte Pfarrer, mit dem frivolen Spruch auf den Lippen, der schleimige Polizist, mit der Extraportion Selbstverliebtheit, der schräge Spinner, der immer wieder was abbekommt oder eben die scheinbar perfekte Familie, bei der die aufgebaute Fassade an allen Ecken und Enden zu bröckeln beginnt – um nur ein paar zu nennen.

Trotz der zahlreichen Charaktere ist der Cast erstaunlich übersichtlich gestaltet, was daran liegt, dass alle Hauptdarsteller gleich mehrere Rollen übernehmen . So teilen die 3 Schauspieler und 2 Schauspielerinnen sage und schreibe 24 Figuren untereinander auf. Dass man dabei zum Beispiel den  beiden österreichischen Schauspiellegenden Alfred Dorfer und Roland Düringer die ungezogenen Pubertierenden alleine schon von der Statur her nicht abnimmt, ist bei weitem kein Manko, sondern trägt zum besonderen Charme des Films bei. Trotz der starken Präsenz der oben erwähnten Schauspieler/-innen bleibt aber dennoch genügend Platz für kleinere Gastrollen, in denen sich dann so ziemlich jedes bekannte Gesicht aus der damaligen Szene die Klinke in die Hand gibt.

Neben den namhaften Darstellern weiß auch der Soundtrack, beigesteuert von der Band „Wiener Wunder“, zu überzeugen und genau den richtigen Ton zu treffen. Die extra punkige Gitarre und rotzige Stimme von Frontfrau Irene Djukanovic geben gerade dem Titelsong einen wunderbar eigenwilligen Flair und fangen die wiener Seele dabei mit einer grandiosen Treffsicherheit ein.

Doch damit eine Komödie wirklich funktionieren kann, bedarf es nicht nur toller Schauspieler und eines passenden Soundtracks, es sind vor allem die Pointen, die sitzen müssen. Hier mag es sicher zart besaitete Gemüter geben, denen der österreichische Schmäh an vielen Stellen zu weit geht, gerade das Ende packt noch einmal richtig die Keule aus – doch wie sagt der Österreicher so schön: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“.  Wer sich also mit dem mal morbiden, mal schadenfrohen und ständig bitterbösen Humor anfreunden kann, der wird hier seine wahre Freude haben. Nicht umsonst sind Sager wie „I sog’s glei, I wor’s net“ und „Du worst nie im Heim!“ so etwas wie die Insider einer ganzen Nation, die man durchaus öfter einmal zu hören bekommen kann, wenn man sich in den heimischen Bars und Kneipen herumtreibt.

Und nach dieser Rezension wisst ihr ja jetzt, welcher Film in den Player wandern muss, wenn das nächste Mal der Muttertag vor der Türe steht 😉 .

3 Gedanken zu “Muttertag (1993)

  1. Pingback: Jenseits der Alpen gibt es nicht nur „Sissi“: 10 österreichische Filme, die man sich nicht entgehen lassen sollte | Klappe!

  2. Den Film kannte ich bis dato noch gar nicht. Aber was ich lese, gefällt mir sehr. Besonders die Idee, dass die Darsteller jeweils mehrere Rollen spielen. Klingt nach einem großen Komikpotential😊

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