28 Days Later (2002)

  • Originaltitel: 28 Days Later
  • Regie: Danny Boyle
  • Schauspieler: Cillian Murphy
  • Genre: Horror/Thriller
  • Land: Großbritannien

Horrorfilme haben bei Filmfans und -kritikern oftmals keinen leichten Stand. Noch schwerer haben es Filme, die dem Subgenre des Zombiefilms angehören. Gerade seit den 2010er Jahren haben sich Filme, in denen hirnfressende Wiedergänger ihr Unwesen treiben, wie eine Pandemie in der Filmlandschaft verbreitet. Die sechsteilige „Resident Evil“-Reihe (2002 – 2016), „World War Z“ (2013), der südkoreanische „Train to Busan“ (2016) und vor allem die erfolgreiche Serie „The Walking Dead“ stellen sicher nur die bekanntesten Vertreter des Genres dar. Hinzu kommen Zombie-Komödien wie „Warm Bodies“ (2013), „Shaun of the Dead“ (2004) oder zuletzt Jim Jarmuschs „The Dead don’t Die“ (2019). Selbst einen Zombie-Porno mit dem Titel „The Walking Dead: A Hardcore Parody“ (2013) hat es bereits gegeben. Doch wenn es um einen der besten (neueren) Filme des Genres geht, taucht immer wieder ein Titel auf, bei dem es sich eigentlich um gar keinen Zombiefilm handelt.

In „28 Days Later“ erwacht Jim (Cillian Murphy) im Krankenhaus nach einem Unfall aus dem Koma und stellt fest, dass in der Zwischenzeit die Gesellschaft zusammengebrochen und die Millionenstadt London quasi menschenleer ist. Zumindest sieht es zunächst danach aus. Tatsächlich wimmelt es in der Stadt von Personen, die sich mit einem hochansteckenden Virus infiziert haben, welcher sie zu rasenden Bestien macht, die alles und jeden angreifen, den sie sehen.

Wie bereits erwähnt handelt es sich hierbei um keinen Zombiefilm. Die Infizierten im Film sind keine lebenden Toten, keine seelenlosen Wiedergänger oder langsam verwesende wandelnde Leichen. Es sind im Grunde lebendige Menschen, die sich mit dem genannten Virus infiziert haben und daran erkrankt sind. Wer von einem Infizierten getötet wird, ist tot und bleibt das auch. Auch die Infizierten selbst sterben, wenn sie explodieren, ersticken, verhungern oder aus großer Höhe auf den Boden aufschlagen. Ich finde, dass das einen großen Unterscheid macht. Immerhin besteht somit, wie bei jeder anderen Krankheit, zumindest theoretisch eine Aussicht auf Heilung der Infizierten. Das ist bei Zombies, die bereits vor ihrer Verwandlung gestorben sind, nicht mehr der Fall.

Doch auch wenn „28 Days later“ selbst kein Zombiefilm ist, hat der Film das heutige Zombie-Genre ohne Frage entscheidend mitgeprägt. Während die klassischen Zombies okkulte Monster waren (für eine ausführliche Analyse der Zombiegeschichte bitte hier klicken), führten Regisseur Danny Boyle (u.a. „Slumdog Millionär“ und „Trainspotting“) und Drehbuchautor Alex Garland („Ex Machina“ und „Annihilation“) hier mit dem Virus einen wissenschaftlichen Ansatz ein, der in der Folge von einigen Genrevertretern übernommen wurde. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass es die Idee, einen Virus für als Ursprung der Zombies zu nehmen, auch davor schon gab. Gerade die bereits erwähnten „Resident Evil“-Filme, die ja bekanntlich auf einer erfolgreichen Videospielreihe beruhen, müssen hier genannt werden. Dass die Zombies, oder nennen wir sie treffender Infizierte, jedoch noch lebende, an einem Virus erkrankte, Menschen sind, war damals neu. Auch die Idee, dass die Infizierten in „28 Days Later“ zielstrebig auf ihre Opfer zurennen, anstatt wie die altbekannten Zombies ziellos und langsam durch die Gegend zu schlurfen, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 2002 neu und für zahlreiche nachfolgende Filme prägend.

Der Film selbst ist handwerklich sehr gut gemacht und inhaltlich ungemein spannend. Vor allem die Eröffnungsszene, in der Cillian Murphy aus dem Koma erwacht, verwundert durch das Krankenhaus läuft und schließlich durch das verlassene London irrt, ist für mich ganz großes Kino.

Inhaltlich lässt sich der Film in zwei Hälften teilen. In der ersten Hälfte geht es im Wesentlichen um die Flucht vor den Infizierten raus aus London. In der zweiten Hälfte geht es dann weniger um die Infizierten und mehr um die Überlebenden, die Nichtinfizierten. Hier zeigt der Film sehr dramatisch, wozu Menschen in Krisensituation bereit sind, um das eigene Überleben zu sichern. Es geht um Menschlichkeit und den Verlust eben dieser. Aus heutiger Sicht interessant ist in dem Zusammenhang auch, dass im Film das Virus als „Wut-Virus“ bezeichnet wird. Die mit Wut infizierten Menschen verlieren ihre Fähigkeit klar zu denken und jedes Mitgefühl für ihre Mitmenschen. Durch den Kontakt mit diesen Wutbürgern läuft man Gefahr, sich selbst mit dem Wut-Virus zu infizieren. Im Film breitet sich die Wut (zunächst) in Großbritannien aus und führt letztendlich zum Ende der gesellschaftlichen Ordnung und der Zivilisation. Ich denke in diesem Bild steckt viel Interpretationsspielraum.

Alles in allem ist „28 Days Later“ ein spannender und grandioser Film, der das Horror- und Zombiegenre maßgeblich geprägt hat. Aus heutiger Sicht mag Danny Boyles Film vielleicht ein wenig generisch wirken. Das liegt aber vor allem daran, dass er in den vergangenen knapp 20 Jahren so oft kopiert wurde. Man sollte sich vor Augen halten, dass einige der Ideen und Motive des Films bei dessen Erscheinen neu und bahnbrechend waren, sodass man ihn meiner Meinung nach auf jeden Fall zu einem modernen Klassiker zählen darf.

 

 

11 Gedanken zu “28 Days Later (2002)

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  2. Ist schon ein paar Jährchen her, dass ich den Film gesehen habe, aber ich erinnere mich noch gut daran, dass ich die zweite Hälfte um einiges unangenehmer und unheimlicher fand, als den ersten Teil. Gerade wegen dieser „Menschen in Krisensituationen“…
    Vielleicht sollte ich mir den Film doch auch mal wieder anschauen, wenn ich es recht bedenke. 😛

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    • Ja das ging mir auch so. Wobei die Szene, die mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, abgesehen von der angesprochenen Wanderung durch das verlassene London, ist als Brandon Gleeson das Blut ins Auge tropft und er dich dadurch infiziert.

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      • Stimme da mit ein: Starker Anfang, aber das Ende – gerade der dritte Akt – fällt dann doch arg auseinander. Das war bei Sunshine, einer weiteren Zusammenarbeit von Boyle und Garland, ganz genau so. Der Nachfolger ist der bessere Film, wenn auch nicht so prägend.

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        • Den zweiten habe ich nicht so stark in Erinnerung. Allerdings habe ich ihn für diese Ausgabe auch nicht noch mal angeschaut. Vielleicht mache ich das bei Gelegenheit noch.

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  3. Den wollte ich mir ebenfalls die Tage endlich zu Gemüte führen 😊 klingt auf jeden Fall super interessant und fühle mich extrem an The Walking Dead erinnert. Scheinbar fängt 28 days later ähnlich an, in TWD wacht die Hauptfigur auch zuerst im Krankenhaus auf. Das hat mir sogar am besten gefallen, der Anfang der Serie 😄 Und dann ‚Menschen in Krisensituationen‘ hat TWD dann ja auch bis zum geht nicht mehr ausgeschlachtet.
    Klingt ja mal sehr vielversprechend

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    • Vielen Dank.
      Ja, in ein paar Aspekten ähneln sich TWD und 28DL tatsächlich. Nicht nur im Anfang mit dem Krankenhaus. Ein paar Unterschiede gibt es aber auch. So weit ich weiß erschien der erste TWD Comic aber nach der Veröffentlichung von 28TL… 😉

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  4. Muss ich auch mal wieder gucken. Kann mich nur noch dran erinnern, dass ich den Film sehr mochte, aber die Fortsetzung dann nicht mehr… aber ist alles schon zu lange her. Da muss wohl mal wieder ein Double Feature Abend her 😅

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